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Gartengedanken - Gemeinsame Wurzeln
Wenn ich so durch den Garten gehe, gerade zu dieser Jahreszeit, wenn besonders vieles grünt und blüht, da fällt mir oft mein gärtnerisches Vorbild ein. Was würde wohl er dazu sagen, zu all den teils dornigen Vogelschutzgehölzen, Steingärten, Totholzbiotopen und den vielen recht wild wachsenden Stauden, den Grasinseln, der begehbaren Wildhecke und den schweren Einzelsteinen aus Granit?
Die Streuobstwiese, die würde er wohl besonders mögen, die alten traditionellen Apfelsorten: Jakob Lebel, Winterrambur, Sternrenette, Doppelter Neuhäuser, Landsberger Renette, James Grieve. Oder die Birnen: Clapps Liebling, Gute Graue und Gräfin von Paris. Er kannte sie alle.
Er würde mit strahlenden Augen vom Erziehungsschnitt reden und von Vergreisung und Verjüngung der über 80jährigen Bäume; und er würde für Augenblicke wieder so glücklich wirken, wie damals im Gemüsegarten, wenn Rotkohl, Gurken und Rhabarber gut gediehen. Acht Zentner eigene Kartoffeln pro Jahr. Gartenmäßig war er der absolute Selbstversorger. Bei mir klappt die Selbstversorgung nur mit Äpfeln.
Den Bruchsteinkeller würde er bestaunen: „Eigene Äpfel, gelagert bis Ende April? Alle Achtung!“ Er würde, obwohl vieles für ihn in diesem Landschaftsgarten „unordentlich“ und „nicht akkurat genug“ wäre, meine Liebe spüren. Unsere gemeinsame Liebe für die Natur. Mein Vater und ich.
Er ist nur 67 Jahre alt geworden. Zwei Tage vor seinem Tod habe ich ihn noch einmal im Rollstuhl bis zur Verandatür gefahren. Der Blick auf seinen so sehr geschätzten Garten. Dann hat er ruhig genickt. Es war gut so. Im Garten würde es weitergehen, im Wechsel der Jahreszeiten.
Unser heutiger Landschaftsgarten ist schon auffällig anders, als der Vater ihn gestaltet hätte. Er würde wohl sagen: „Junge, mach das so, wie Du das meinst. Hauptsache, Du bleibst Dir treu.“ Ja, und ich würde antworten: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.“
Text: Ivo Schepers, Windeck-Bach